Psychodrama Symposion Spital 2025 - Warum es sich lohnt über den Tellerrand zu schauen
41. Psychodrama Symposion Spital am Pyhrn Österreich/ ÖAGG Mai 2025
How can we sleep, when the world is turning? Midnight Oil
Warum es sich immer lohnt über den Tellerrand zu schauen und wer und was einem dann so begegnet……
Katharina von Renteln und Dagmar von Linde-Suden, beide aus Hamburg und vom Psychodramainstitut Ella-Mae Sharon fahren zum Psychodrama Symposion nach Österreich.
Pre-Workshop 1. /2. Mai 2025 Elisabeth Grissenberger „Der Sandkasten im Psychodrama"
Bereits beim Betreten des Seminarraums überrascht die 12 Teilnehmer*innen die Vielfalt von Spielfiguren, Tieren, Klötzen, Zäunen, Naturmaterialien und verschiedensten Kuriositäten im Miniformat, die auf Tischen schön geordnet ausgelegt sind. Daneben stehen unterschiedliche Formen von Sandkästen aus Holz und Plastik.
Elisabeth Grissenberger beleuchtet lebendig Historie und verschiedene theoretische Ansätze des Sandspiels, immer wieder unterlegt mit kleinen Spielszenen aus ihrer Praxis mit Kindern und Familien. Alle Teilnehmer*innen erhalten im Verlauf selbst Gelegenheit mit einem zur Seite gestellten Hilfs-Ich die eigene Seelenlandschaft im Sandkasten darzustellen. Dabei entstehen berührende 3-dimensionale Werke in einem äußerst meditativen, stillen Gruppenprozess.
Des Weiteren werden unterschiedliche Settings der Anwendung des Sandspiels reflektiert: Monodrama, Familiensetting, Gruppen und als Anwärmung; dies wird stets mit Beispielen einzeln und/ oder in der Gruppe ausprobiert. Die Teilnehmer*innen nehmen neben fundierten, gut verankerten Grundlagen zum Sandspiel außerordentlich viel Lust und Anregendes für die je eigene Praxis mit.
Das eigentliche Symposion startet am 2.Mai mit der Anwärmung von Sigrid Jernej, die die Kinderrechte in den Fokus nimmt. Es folgen der Vortrag des Linzer Kinder- und Jugendlichenpsychiaters Richard Pichler mit seinem Blick auf die Jugend von heute und ein Beitrag von Thomas Sageder, der die Kunst der Triangulierung im familienorientierten Psychodrama weiterentwickelt.
Am Samstag stehen 12 ganz unterschiedliche und spannende Workshops zur Auswahl. So geht es z.B. bei Orsolya Lelkes um die Frage, wie wir nachhaltigen Hedonismus bewusst leben können. Unter dem Stichwort „Blühendes Leben“ kreieren die Teilnehmer*innen spielfreudig Bilder davon, was uns wirklich zufrieden und glücklich macht.
Im Changemaker*innen-Workshop von Katharina Novy wird die Klimakrise und deren Folgen prominent in die Mitte gerückt. Neben dem nüchternen Blick auf die aktuell zutiefst erschreckenden Tatsachen widmen sich die Teilnehmer*innen der Frage bisheriger eigener Wirksamkeit im gesellschaftlich-politischen Kontext. Gemeinsam entwickeln verschiedene Kleingruppen Ideen, wie man jemanden zum Handeln anstoßen kann und setzen dies anschließend sehr lustvoll szenisch um: Beim Feuerwehrfest wird erfolgreich ein Carsharing-Stand und ein Repair-Cafe auf den Weg gebracht.
Im Workshop Familienorientiertes Psychodrama von Thomas Sageder wird die Gruppe mit dem interpersonell praktizierten Zustecken von pantomimischen guten und schlechten Familiengeheimnissen erwärmt und erprobt, wie auch Eltern oder Bezugspersonen von Minderjährigen auf der Spielbühne des Monodramas aktiv mit einbezogen werden. In der Therapie erhalten anwesende Elternteile ausschließlich von den Minderjährigen Rollen zu gewiesen. Bei Ablehnung der Rolle, die Rolle eines Zuschauers. In der Umsetzung zeigt sich, wie schnell im Spiel die Familiendynamik reinszeniert und im geschützten Rahmen des gemeinsamen Spiels ein erster Veränderungsschritt ausprobiert und anschließend auf die Familie übertragen werden kann.
Im Workshop Anders ist auch normal - Entdeckungsreise ins Autismus-Spektrum von Sigrid Jernej, erleben die Teilnehmer*innen an mehreren Work-Stationen mit verschiedensten Arbeitsmaterialien, wie diese Kinder eine enorme Anpassungsleistung in die gesellschaftlichen Systeme leisten und wünschenswert die Systeme an diese Kinder. Besonders nachhaltig beeindruckend sind die Stationen, die eine emotionale Einfühlung in die Belastung neurodivergenter Kinder in sozialen Situationen ermöglichen.
Der Abend wird mit Lachen, leckeren Getränken und Gesprächen, Karaoke und Tanz bis in alle Nacht ausgelassen zelebriert. Besonders hervorzuheben ist die berührende Begegnung mit der jungen Psychologin und Psychodramatikerin Viktoria Polishcheck aus der Ukraine, die den weiteren Weg auf sich genommen hat, um sich mit den österreichischen Kolleg*innen zu vernetzen. Sie berichtet unter anderem, dass bislang keine psychodramatischen Bücher ins Ukrainische übersetzt worden seien. Marlon Brill aus Hamburg hat sich ebenfalls auf den Weg nach Spital am Pyhrn gemacht, um von den österreichischen Kolleg*innen zu partizipieren und sich auszutauschen, und trifft gleich noch zwei Psychodramatikerinnen von zuhause.
Am Sonntagmorgen stand beim Abschluss des Symposions mit einem gemeinsamen Soziodrama die Hoffnung im Mittelpunkt aller. “Wir müssen Hoffnung nicht aus dem Nichts erzeugen, sondern nur etwas bereits Vorhandenes ans Licht holen.“ (W.Miller/ S.Rollnick, S. 269/ Motivierende Gesprächsführung)
Intensive und bewegende Tage enden mit dem Dank aller an die Hauptorganisatorin Monika Wicher und - wie kann es anders unter Psychodramatiker*innen sein - geschieht dies mit einem inszenierten vielstimmigen, sehr bunten Blumenstrauß, der ganz sicher nicht verwelken wird.
2 Buchtipps:
Nachhaltiger Hedonismus - Ein glückliches Leben kostet nicht die Welt von Orsolya Lelkes/ Buchschmiede 2024
Die Kunst der Ausrede: Warum wir uns lieber selbst täuschen, statt klimafreundlich zu leben. Die Psychologie des Klimaschutzes und wie wir unser Verhalten ändern können von Thomas Brudermann/ oekom 2022